Es war wie jedes Jahr – und doch fühlte sich diesmal alles anders an, als Gerhard den Jeep am Zaun der alten Hütte stoppte.
Die Sonne war längst hinter den Gipfeln verschwunden, ein Rest von blassem Licht klebte am Himmel, als wollte er sich nicht ganz verabschieden. Die Luft war kühl, das Rascheln des Herbstlaubs unter seinen Stiefeln vertraut. Ein Geruch von Erde und Holzfeuer hing in der Luft, so, wie er ihn seit Kindertagen kannte.
Diese Hütte war mehr als nur ein Rückzugsort. Sie war Vermächtnis. Die Paukers hatten sie seit Generationen gehalten – schlicht, verwittert, und doch stolz, wie ein Teil des Berges selbst. Nach dem Tod seines Vaters war sie an ihn gefallen, und Gerhard hatte sie mit eigener Hand renoviert. Neue Fenster, Stromleitungen, ein Kamin, der Wärme versprach. Er war stolz darauf. Und trotzdem – jedes Mal, wenn er das Tor öffnete, spürte er auch das Gewicht ihrer Geschichte.
Er holte die Taschen aus dem Wagen, stellte sie neben das Tor. Ein leiser Wind fuhr durch die Bäume, doch plötzlich war es still. Totenstill. Kein Rascheln, kein Vogelruf, kein fernes Rauschen. Nur sein Atem. Ein Schatten huschte über das Fenster der Hütte. Gerhard fröstelte. Sekundenlang war ihm, als hielte der ganze Berg die Luft an.
Dann – ein leises, tiefes Ziehen, fast wie ein Atemzug. Und mit einem Schlag war alles wieder da: das Zwitschern, das Rascheln, die Wärme der Herbstluft. Er blinzelte, schüttelte den Kopf. „Einbildung“, murmelte er, hob die Taschen auf und ging die wenigen Schritte zur Tür.
Drinnen roch es nach Holz und altem Rauch. Er drehte den Schlüssel im Schloss – alles war unversehrt, so wie er es hinterlassen hatte. Der Kühlschrank brummte zuverlässig. Am Küchentresen stand noch eine halbe Flasche Wein, Überbleibsel vom letzten Besuch mit seinen alten Kumpels. Ein eingefrorener Moment aus einem anderen Leben.
Gerhard ließ die Taschen fallen, ging durch die Räume. Alles schien normal. Er atmete durch, spürte die Anspannung weichen. Und doch… etwas war anders.
Als er das Schlafzimmer betrat, blieb er stehen. Auf dem frisch gemachten Bett war die Decke leicht eingedrückt – als hätte eben noch jemand dort gelegen.
Und auf ihn gewartet.
——-
Der Atem des Berges
Eine Halloween-Geschichte in sieben Teilen
…von Jürgen Kudlacek-Pertl
ein maennerformat original
Es war wie jedes Jahr – und doch fühlte sich diesmal alles anders an, als Gerhard den Jeep am Zaun der alten Hütte stoppte.
Die Sonne war längst hinter den Gipfeln verschwunden, ein Rest von blassem Licht klebte am Himmel, als wollte er sich nicht ganz verabschieden. Die Luft war kühl, das Rascheln des Herbstlaubs unter seinen Stiefeln vertraut. Ein Geruch von Erde und Holzfeuer hing in der Luft, so, wie er ihn seit Kindertagen kannte.
Diese Hütte war mehr als nur ein Rückzugsort. Sie war Vermächtnis. Die Paukers hatten sie seit Generationen gehalten – schlicht, verwittert, und doch stolz, wie ein Teil des Berges selbst. Nach dem Tod seines Vaters war sie an ihn gefallen, und Gerhard hatte sie mit eigener Hand renoviert. Neue Fenster, Stromleitungen, ein Kamin, der Wärme versprach. Er war stolz darauf. Und trotzdem – jedes Mal, wenn er das Tor öffnete, spürte er auch das Gewicht ihrer Geschichte.
Er holte die Taschen aus dem Wagen, stellte sie neben das Tor. Ein leiser Wind fuhr durch die Bäume, doch plötzlich war es still. Totenstill. Kein Rascheln, kein Vogelruf, kein fernes Rauschen. Nur sein Atem. Ein Schatten huschte über das Fenster der Hütte. Gerhard fröstelte. Sekundenlang war ihm, als hielte der ganze Berg die Luft an.
Dann – ein leises, tiefes Ziehen, fast wie ein Atemzug. Und mit einem Schlag war alles wieder da: das Zwitschern, das Rascheln, die Wärme der Herbstluft. Er blinzelte, schüttelte den Kopf. „Einbildung“, murmelte er, hob die Taschen auf und ging die wenigen Schritte zur Tür.
Drinnen roch es nach Holz und altem Rauch. Er drehte den Schlüssel im Schloss – alles war unversehrt, so wie er es hinterlassen hatte. Der Kühlschrank brummte zuverlässig. Am Küchentresen stand noch eine halbe Flasche Wein, Überbleibsel vom letzten Besuch mit seinen alten Kumpels. Ein eingefrorener Moment aus einem anderen Leben.
Gerhard ließ die Taschen fallen, ging durch die Räume. Alles schien normal. Er atmete durch, spürte die Anspannung weichen. Und doch… etwas war anders.
Als er das Schlafzimmer betrat, blieb er stehen. Auf dem frisch gemachten Bett war die Decke leicht eingedrückt – als hätte eben noch jemand dort gelegen.
Und auf ihn gewartet.
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Der Atem des Berges
Eine Halloween-Geschichte in sieben Teilen
…von Jürgen Kudlacek-Pertl
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