Am nĂ€chsten Vormittag machte sich Gerhard erneut auf den Weg hinunter ins Tal. Der Abend zuvor lieĂ ihn nicht los. Schatten an der Wand, eine Stimme im Nichts â er brauchte menschliche Gesellschaft.
Der Pfad fĂŒhrte ihn zum Haus seines Nachbarn. Alois stand schon vor der TĂŒr, stĂ€mmig wie eh und je. Sein Handschlag war krĂ€ftig, fast zu krĂ€ftig.
âDu schaust aus, als hĂ€ttest du die Nacht mit Gespenstern verbracht,â grinste Alois, doch seine Augen musterten ihn ernst.
âVielleicht hab ich das ja,â entgegnete Gerhard. âOder ich hab zu viel Wein gehabt.â
Alois nickte langsam. âKann sein. Oder auch nicht.â
Sie setzten sich, ein Schnapsglas zwischen ihnen. Erst redeten sie ĂŒber Belangloses, doch irgendwann wurde Alois still.
âWeiĂt du, Gerhard⊠dein Vater war ein guter Freund. Wir haben oft hier gesessen, so wie jetzt. Er hat mehr gespĂŒrt, als er je gesagt hat.â
Dann, halb belustigt, halb ernst:
âMan sagt, der Berg atmet. Wenn Familien zerbrechen, wenn Blut und Name sich verlieren, dann wird der Atem lauter. Manche schwören, er holt sich dann, was zerbrochen ist. Nicht mit Krallen oder ZĂ€hnen â nein. Mit Stille. Mit Schatten. Mit Angst.
Deine Paukers stehen seit Generationen im Mittelpunkt. Dein GroĂvater, dein Vater â sie alle habenâs gespĂŒrt. âNur wenn einer dem andern die Hand reicht, wird der Atem stillâ â das hat dein Vater immer gesagt. Ich vermiss ihn, Gerhard.â
Die Worte hingen im Raum wie Rauch.
Auf dem Heimweg war es still.
Bis Gerhard plötzlich hörte, wie der Berg selbst atmete. Schwer. UnĂŒberhörbar.
ââ-
Der Atem des Berges
Eine Halloween-Geschichte in sieben Teilen
âŠvon JĂŒrgen Kudlacek-Pertl
ein maennerformat original
Am nĂ€chsten Vormittag machte sich Gerhard erneut auf den Weg hinunter ins Tal. Der Abend zuvor lieĂ ihn nicht los. Schatten an der Wand, eine Stimme im Nichts â er brauchte menschliche Gesellschaft.
Der Pfad fĂŒhrte ihn zum Haus seines Nachbarn. Alois stand schon vor der TĂŒr, stĂ€mmig wie eh und je. Sein Handschlag war krĂ€ftig, fast zu krĂ€ftig.
âDu schaust aus, als hĂ€ttest du die Nacht mit Gespenstern verbracht,â grinste Alois, doch seine Augen musterten ihn ernst.
âVielleicht hab ich das ja,â entgegnete Gerhard. âOder ich hab zu viel Wein gehabt.â
Alois nickte langsam. âKann sein. Oder auch nicht.â
Sie setzten sich, ein Schnapsglas zwischen ihnen. Erst redeten sie ĂŒber Belangloses, doch irgendwann wurde Alois still.
âWeiĂt du, Gerhard⊠dein Vater war ein guter Freund. Wir haben oft hier gesessen, so wie jetzt. Er hat mehr gespĂŒrt, als er je gesagt hat.â
Dann, halb belustigt, halb ernst:
âMan sagt, der Berg atmet. Wenn Familien zerbrechen, wenn Blut und Name sich verlieren, dann wird der Atem lauter. Manche schwören, er holt sich dann, was zerbrochen ist. Nicht mit Krallen oder ZĂ€hnen â nein. Mit Stille. Mit Schatten. Mit Angst.
Deine Paukers stehen seit Generationen im Mittelpunkt. Dein GroĂvater, dein Vater â sie alle habenâs gespĂŒrt. âNur wenn einer dem andern die Hand reicht, wird der Atem stillâ â das hat dein Vater immer gesagt. Ich vermiss ihn, Gerhard.â
Die Worte hingen im Raum wie Rauch.
Auf dem Heimweg war es still.
Bis Gerhard plötzlich hörte, wie der Berg selbst atmete. Schwer. UnĂŒberhörbar.
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Der Atem des Berges
Eine Halloween-Geschichte in sieben Teilen
âŠvon JĂŒrgen Kudlacek-Pertl
ein maennerformat original
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