Liebe & Partnerschaft

Mental Health in Beziehungen: Wie Stress, Krisen und psychische Erkrankungen die Liebe fordern

6 von 10 Paaren haben bereits eine größere Krise zusammen bewältigt und jede:r fünfte Liierte hatte schon einmal eine:n Partner:in, der:die psychisch erkrankt ist: Auch wenn der Wunsch nach einer unbeschwerten Liebe groß ist, werden Paare immer wieder von schwierigen Lebensereignissen gefordert, das zeigen die Daten der bevölkerungsrepräsentativen ElitePartner-Studie 2022. Nicht jede:r ist sich dabei sicher, mit einer psychischen Erkrankung des:r Partners:in umgehen zu können. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Partnerschaften bieten besonders in schwierigen Zeiten emotionalen Halt und können vor Überlastung schützen.

6 von 10 Paaren haben schon eine größere (Lebens-)Krise überstanden

Ob Krankheit, Arbeitslosigkeit, beruflicher Stress oder Pandemie – gesellschaftliche wie persönliche Krisen betreffen in einer Beziehung immer beide Partner:innen. Und sie sind nicht selten – das zeigt die bevölkerungsrepräsentative ElitePartner-Studie 2022, für die etwa 4.000 Liierte zu ihren Erfahrungen in der aktuellen und in früheren Partnerschaften befragt wurden. 6 von 10 Paaren haben in ihrer jetzigen Beziehung bereits eine größere Krise oder ein schwieriges Lebensereignis gemeinsam bewältigt und 21 Prozent der Liierten haben schon erlebt, dass ein:e Partner:in von ihnen psychisch erkrankt ist. Unter Männern berichtet das sogar jeder vierte (24 Prozent, Frauen: 18 Prozent). Bei 15 Prozent der Befragten war der:die Partner:in deshalb auch in ärztlicher Behandlung. In vielen Fällen überstehen Partnerschaften diese Herausforderung – doch 7 Prozent geben an, dass eine psychische Erkrankung schon einmal Auslöser für eine Trennung war.

Stärkeres Bewusstsein oder höhere Belastung? Unter 30 spielt Mental Health eine besondere Rolle

Psychische Erkrankungen scheinen vor allem jüngeren Beziehungen zu beanspruchen – oder das Bewusstsein dafür ist in dieser Altersgruppe größer. Liierte zwischen 18 und 29 geben am häufigsten an, schon einmal erlebt zu haben, dass ein:e Partner:in psychisch erkrankt ist (31 Prozent) – insbesondere junge Männer haben häufig Erfahrungen mit psychisch erkrankten Partner:innen gemacht (41 Prozent, Frauen u30: 23 Prozent). Aber auch in den 30ern spielt das Thema eine Rolle (26 Prozent; Frauen: 21 Prozent, Männer: 31 Prozent). In den älteren Altersgruppen sind es dagegen deutlich weniger Befragte – trotz womöglich umfangreicherer Beziehungserfahrung (40-49 Jahre: 20 Prozent, 50-59 Jahre: 16 Prozent, 60-69 Jahre: 13 Prozent). Jüngere haben außerdem weitaus häufiger erlebt, dass eine psychische Erkrankung zum Beziehungsaus geführt hat: Jede:r achte Liierte unter 30 hat bereits eine Trennung aufgrund einer psychischen Erkrankung hinter sich (12 Prozent).

Frühwarnsystem Partnerschaft: Wie die Liebe schützen kann

Die gute Nachricht: Partnerschaften haben durchaus das Potenzial, vor Überlastung zu schützen. Drei Viertel der liierten Frauen und Männer bestätigen, dass ihre Partnerschaft ihnen in Krisenzeiten emotionalen Halt gibt (76 Prozent). Je länger Paare zusammen sind, desto stärker wirkt sich dieser Effekt aus. Darüber hinaus achten zwei Drittel der Liierten bei ihrem:r Partner:in ganz gezielt auf Anzeichen von Stress, Sorgen und Überforderung – Frauen (72 Prozent) sind hier noch einmal wachsamer als Männer (66 Prozent). Gerade mit Blick auf Arbeitsstress ist allein das Vorhandensein einer Beziehung schon ein positiver Faktor. Mit 55 Prozent sagen jedenfalls gut die Hälfte der Befragten, dass ihre Partnerschaft ihnen hilft, auf ihre Work-Life-Balance zu achten – Männer (58 Prozent) profitieren hier tendenziell etwas mehr als Frauen (54 Prozent).

Aus Unsicherheit oder Rücksicht: Jede:r Zweite verharmlost Stress und Sorgen

Allerdings sind Liierte nicht immer ehrlich mit ihrem:r Partner:in, was ihre Sorgen und Probleme angeht – offenbar aus falsch verstandener Rücksichtnahme. So hat jede:r zweite schon Stress, Ängste oder Überforderung verharmlost, um den:die Partner:in nicht zu belasten – Frauen (52 Prozent) übrigens genauso häufig wie Männer (53 Prozent). Eine mögliche Erklärung: Jede:r Dritte hat oft das Gefühl, dass der:die Partner:in nicht damit umgehen kann, wenn es ihnen schlecht geht (32 Prozent). Wie viel Unsicherheit im Umgang mit psychischen Erkrankungen vorherrscht, zeigen nicht zuletzt die folgenden Zahlen: Unabhängig von der Beziehungszufriedenheit hat jede:r Vierte Angst, der:die Partner:in könnte sich trennen, wenn man selbst psychisch erkranken würde (25 Prozent). Und auch die Selbstzweifel sind groß, denn umgekehrt sind sich ebenso viele unsicher, ob sie mit einer psychischen Erkrankungen ihres:r Partners:in umgehen könnten (je 25 Prozent).

Zukunftsängste, Zweifel und Corona: Nicht jede:r fühlt sich gewappnet für die nächste Krise

Nicht zuletzt hat auch die Erfahrung mit der Corona-Pandemie Spuren hinterlassen: Jede:r vierte Liierte gibt an, dass die Pandemie die Beziehung zumindest phasenweise belastet hat und 15 Prozent der Frauen sowie 22 Prozent der Männer sind sich unsicher, ob ihre Beziehung noch eine weitere Krise wie Corona übersteht. Dass Zukunftsängste und Sorgen Beziehungen auch weiter begleiten werden, zeigt folgende Zahl: Angesichts der Weltlage zwischen Pandemie, Klimakrise und politischen Entwicklungen hatte schon im Befragungszeitraum Ende 2021 jede:r dritte Liierte in Deutschland Angst vor der Zukunft (Frauen: 37 Prozent, Männer: 34 Prozent). Diese Zahl könnte angesichts des Krieges in der Ukraine und der aktuellen politischen Lage in Europa inzwischen noch höher liegen.

Psychologin Lisa Fischbach von ElitePartner: „Wenn Paare aufmerksam sind, über Belastungen sprechen und Ängste teilen, stärken sie ihr seelisches Immunsystem“

„Die besondere Bedeutung von Partnerschaften für die Stärkung unserer Resilienz wird gerade in Zeiten sichtbar, die jede:n einzelne:n von uns wie auch das Paarleben sehr fordern“, so Diplom-Psychologin und ElitePartner-Expertin Lisa Fischbach. „Die aktuelle Zunahme an Stressoren wie Zukunftsangst, Ungewissheit, erlebte Hilflosigkeit oder finanzielle Sorgen bringt junge Erwachsene und insbesondere Frauen stärker aus dem Gleichgewicht und die Psyche erkrankt. Ein weniger tabuisierter Umgang mit psychischen Erkrankungen ermöglicht, früher niedrigschwellige Angebote aufzusuchen und Hilfe zu erhalten. Wenn Paare gegenseitig aufmerksam sind, offen über ihre Belastungen sprechen sowie Kummer und Ängste teilen, stärken sie ihr seelisches Immunsystem und haben ein großes Potenzial, miteinander zu wachsen.“

Quelle: ElitePartner